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Ville Kokkonen: Kochen als Entschleunigung

„Ich arbeite am liebsten allein in der Küche und improvisiere. Ich fange bei etwas an, das ich kenne, wandle es dann je nach Jahreszeit und den Vorräten im Kühlschrank ab, füge ein neues Aroma hinzu, probiere aus und experimentiere.“

Ville Kokkonen beim Kochen in der Küche

Für den finnischen Designer Ville Kokkonen ist Kochen nicht nur Mittel zum Zweck. Vielmehr liegt für ihn die Qualität darin, dass es dauert. „Ich denke eher traditionell und lege keinen Wert darauf, dass es schnell geht. Kochen ist besser als essen.“ Ville Kokkonen kommt beim Kochen zur Ruhe. Es entschleunigt den 44-jährigen, der berufsbedingt viel auf Reisen ist: „Es tut mir gut zu erleben, wie etwas fertig wird. Ich kann mir dabei ganz allmählich all das aus dem Kopf schlagen, worauf ich mich den ganzen Tag konzentriert habe. Dann fällt der Stress von mir ab und ich bin froh, mich auf etwas einlassen zu können, das ich mit den Händen mache.“

Kochutensilien aus der ganzen Welt sind Kokkonens Leidenschaft

Viele Jahre war Ville Kokkonen kreativer Kopf der finnischen Möbelinstitution Artek. Heute lehrt er unter anderem als Professor für Kunst und Architektur an der Aalto Universität in Helsinki. „Bis vor kurzem war ich etwa ein Viertel des Jahres auf Reisen. Das habe ich reduziert, aber unter der Woche muss ich morgens immer noch früh aus dem Haus.“ Dann allerdings reicht ihm ein Kaffee, den er sich mit einem alten Espressobereiter aufbrüht, den Richard Sapper in den 70er Jahren für Alessi gestaltet hat.

Überhaupt ist Ville Kokkonen vernarrt in Kochutensilien und sucht danach, wann und wo immer er kann: „In Tokio gibt es einen Stadtteil, in dem sich Berufsköche ihre Geräte beschaffen. Dort kaufe ich meine Küchenmesser. Es fasziniert mich, wie verschiedene Kulturen ihr Essen zubereiten und wie sich das in ihren Werkzeugen ausdrückt.“ Zudem frönt der vielfliegende Finne einer Sammelleidenschaft für Gemüsedämpfer und besonderem Steingut aus Frankreich. „Geräte müssen robust und haltbar sein, ich möchte sie viele Jahre benutzen können. Zuletzt habe ich in Argentinien ein Gerät gekauft, mit dem ich Sandwiches auf meinem Gasherd toasten kann.“

Ville Kokkonen beim zubereiten eines Fisches

Die Küche muss sich mit dem Leben verbinden

Seine Küche empfindet der Kreative eher wie eine Werkstatt, ein Atelier. Sie ist zu allen anderen Bereichen offen und bildet das Herzstück des Hauses. Eine genaue Grenze, wo sie anfängt oder aufhört gibt es nicht. Kein Wunder, hält er den Raum doch für den wichtigsten im ganzen Haus. „Die Küche muss sich mit dem Leben verbinden. Dort beginne ich morgens den Tag, dort denke ich über meine Arbeit nach, dort verbringe ich die Wochenenden. Und natürlich ist sie der Raum, in dem ich fast jeden Abend mit meiner Frau Florencia koche.“

Die Kräuter dafür zieht Kokkonen selbst. Er schätzt es, sich daran zu erinnern, dass Essen aus der Natur kommt und nicht aus dem Supermarkt. Deshalb kauft er auch lieber ganze Fische beim nächstgelegenen Fischer. „Ich mag es, wenn der Fisch bei der Zubereitung eine Menge Arbeit macht. Es setzt sich ja leider mehr und mehr diese Supermarktkultur durch, die dazu führt, dass man sein Essen schon halb fertig kauft und nur noch erhitzen muss. Meine Sache ist das nicht.“ Darüber hinaus teilt Ville Kokkonen seine Leidenschaft für die Küche mit Freunden in einem Club für Wein und Kulinarik: „Wir treffen uns reihum und haben somit ein Thema, bei dem es nicht um die Arbeit geht.“ Genussvoller kann man Entschleunigung kaum leben.

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