Eigentlich wollte er Künstler werden. Einer, der mit dem Pinsel wahre Wunder vollbringt und dessen Werke man in den wichtigsten Kunstmuseen der Welt bewundern kann. Stéphane Amar, Sohn sephardischer Juden aus Nordafrika, studierte tatsächlich einige Jahre Malerei, bevor er seine wahre Berufung fand, die ihn schließlich von Marseille nach Manhattan führte.
Malen und kochen verbindet die Liebe zur Sache
Kunstwerke vollbringt Stéphane Amar noch heute. Doch im Laufe der Jahre tauschte der gebürtige Franzose den Maler- gegen einen Backpinsel. Aus dem einstigen Kunststudenten von damals ist inzwischen längst ein gestandener Gastronom geworden: Als Chefbäcker des weltberühmten New Yorker Feinkostladens Dean & De Luca führt er heute die Gilde der sechs hauseigenen Bäcker an. Das erforderliche Wissen erwarb Stéphane Amar zunächst an der École Culinaire, an die er nach seinem Ausflug in die Welt der Malerei wechselte. Dass beide Metiers durchaus Gemeinsamkeiten aufweisen, steht für den Mann aus Marseille außer Frage: „Malen und kochen haben eine Grundvoraussetzung gemein: Die Liebe zur Sache!“
Bäcker mit Leib und Seele
Nach dem Studium der Kulinarik wagte Amar den Sprung nach New York: Frisch angekommen und noch grün hinter den Ohren, lernte er zunächst die Spielregeln des Big Apple: Er begab sich auf „hearth hopping“ in 15 verschiedenen Restaurants, bis ihn der kalifornische Sternekoch Thomas Keller schließlich als Brotbäcker für sein New Yorker Restaurant „Per Se“ verpflichtete. Die Brötchen, kleine Pretiosen, entfachten die Liebe des Franzosen zur Brotkunst. Fein abgestimmt auf jeden einzelnen Gang, ließen Sie darüber hinaus die Herzen der hiesigen Haute Cuisine-Liebhaber höherschlagen: Sauerteig mit Schokolade und Kirschen, kleine Kürbishappen und Gebäck voll mit sonnengetrockneten Tomaten. Doch irgendwann wollte Amar mehr, als kleine, verspielte Brötchen backen. „Brot“, sagt er, „muss eigentlich einfach und bodenständig sein.“ Er wechselte zu Amy´s Bread und lernte danach bei Bien Cuit in Brooklyn weiter, bevor er schließlich zu Dean & De Luca kam.
Il faut cuisinier avec son coeur
Längst hat Stéphane Amar die obligatorische Nachtschicht der Brotbäcker hinter sich gelassen – die übernimmt nun ein Mitglied seines Teams – und trinkt seinen Espresso um sechs Uhr morgens zu Hause. Aus einer Tasse, die in Frankreich von Hand getöpfert wurde. „Wenn man sie hält, dann hat man das Gefühl, etwas zu trinken, das direkt aus der Erde kommt. Als stünde man mit dem Planeten in unmittelbarer Verbindung.“ Dazu stellt er sich die Formen der Brote vor, die er an dem Tag backen will. Solche Details zählen für einen, der sich nur zögerlich – und der Liebe wegen – auf Dauer nach Manhattan verpflanzen ließ. Damit Lou, Amars Tochter, in eben diese Bodenständigkeit hereinwächst, wird am Sonntag gemeinsam gebacken. Am liebsten nach Rezepten, die er in der großen Produktion nicht verwirklichen kann: Fladenbrote aus Norwegen, den Emiraten, der Mongolei, „möglichst weit weg vom eigenen Universum.“ Doch im Zuge der internationalen Expansion seines Arbeitgebers – zunächst auf dem nordamerikanischen Kontinent, dann in Singapur, Japan, Thailand und Korea – rückt die Welt auch für den Mann aus Marseille enger zusammen. Amar sieht neuen Herausforderungen entgegen: Neue Küchen müssen entworfen und angehende Bäcker angelernt werden. Auch die, die eben nicht mit dem Duft von frischen Croissants aufgewachsen sind. Vor allem freue er sich auf Japan: „Dort macht man alles, was man macht, mit Hingabe.“ Genauso wie er selbst. „Il faut cuisinier avec son coeur. Man kann zwei einfache Eier mit Liebe braten und das Resultat ist erstaunlich.“
Erfahren Sie hier mehr über Dean & De Luca, den Pionier der New Yorker Brotkunst.